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Mercedes-Benz BKK | Magazin
EDITORIAL
bände haben eine Klage gegen die Reform
ins Spiel gebracht. Weiterer Kritikpunkt:
die Entbudgetierung hausärztlicher Leis -
tungen. Nach Schätzungen des GKV-Spit-
zenverbands ist mit Mehrkosten von rund
300 Millionen Euro zu rechnen. Künftig soll
die Menge der in einem Quartal abrechen-
baren Leistungen nicht mehr gedeckelt
werden, Ärzte sollen für jede erbrachte
Leistung bezahlt werden.
Die Liste der Kostentreiber ließe sich
beliebig fortführen. Bei Redaktionsschluss
waren die Gesetze noch nicht verabschie-
det und Änderungen möglich. Mir ist es
jedoch wichtig, Ihnen frühzeitig trans-
parent aufzuzeigen, dass sich die Reformen
unmittelbar auf die Entwicklung der Bei-
tragssätze in der GKV auswirken werden.
Ohne ein Konzept aus Berlin zur nach -
haltigen Finanzierung der GKV werden
die Beiträge weiter steigen. Konstruktive
Vorschläge für eine solche Reform haben
wir über den Verein BKV, die Interessen-
vertretung der unternehmensbezogenen
Betriebskrankenkassen, eingebracht.
Die Politik muss liefern.
Herzliche Grüße
vielleicht haben Sie die Medienbericht-
erstattung verfolgt: In den letzten Monaten
erfuhren die aktuellen Reformpläne aus
dem Haus des Bundesgesundheitsmini-
sters viel Aufmerksamkeit. Vor allem zwei
Gesetzesvorhaben sorgen für Gesprächs-
stoff und treiben den Blutdruck der aller-
meisten davon Betroffenen in die Höhe:
das Gesundheitsversorgungsstärkungs-
gesetz (GVSG) und das Krankenhausver-
sorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG).
Im Mittelpunkt der einhelligen Kritik aller
gesetzlichen Krankenkassen stehen die
gewaltigen Kostensteigerungen, die eine
Umsetzung der Pläne zwangsläufig mit
sich brächte – auch wenn Gesundheits-
minister Karl Lauterbach bestreitet, dass
es zu einem deutlichen Anstieg käme.
Da kaum Zuschüsse aus Steuermitteln zu
erwarten sind, liegt auf der Hand, wer
diese Mehrkosten letztlich stemmen
müsste: die Beitragszahlenden und die
Arbeitgeber, die den kassenindividuellen
Zusatzbeitrag je zur Hälfte tragen.
Der Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek)
sieht durch die geplante Krankenhaus -
reform bis 2027 Mehrausgaben von
geschätzt 5,8 Milliarden Euro auf die
gesetzliche Krankenversicherung (GKV)
zukommen, was die Beitragssätze weiter
deutlich steigen ließe, auch unterjährig.
Ein Beispiel für Kostentreiber ist ein so -
genannter Transformationsfonds, aus dem
die Umstrukturierung der Krankenhaus-
landschaft finanziert werden soll. In den
Fonds sollen die gesetzlichen Kranken -
kassen (und nur sie) 25 Milliarden Euro
einzahlen. Krankenhausrechnungen sollen
durch die Krankenkassen nur noch stich-
probenartig geprüft werden dürfen,
wodurch geschätzt jährlich 1 Milliarde Euro
an Rückflüssen an die GKV fehlt. Tarifstei-
gerungen im Kranken haus sollen in Zukunft
vollständig von der GKV getragen werden.
Das Bundesgesundheitsministerium kalku-
liert hierfür mit einer Mehrbelastung der
GKV von 350 Millionen Euro ab 2024.
Künftige Erhöhungen würden dann einfach
an die GKV durchgereicht.
Kritisch zu bewerten ist in diesem Zusam-
menhang noch etwas anderes: Die Art und
Weise, wie die Strukturreform der Kranken -
häuser finanziert werden soll, ist verfas-
sungsrechtlich bedenklich. Die Kranken-
hausfinanzierung ist Sache von Bund und
Ländern, nicht der GKV-Beitrags-Zahlen-
den. Der Auf- und Umbau sowie die Unter-
haltung der Kliniken werden aus Steuermit-
teln bezahlt, die Krankenkassen kommen
für die medizinischen Leistungen auf.
Rechtliche Bedenken hat selbst der
Bundesrechnungshof angemeldet. Und
mehrere Experten und Krankenkassenver-
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Toralf Speckhardt,
Vorstand der Mercedes-Benz BKK
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